Heiner Goebbels

Heiner Goebbels (* Neustadt an der Weinstraße, Deutschland) ist Musiker, Komponist und Theatermacher. Er lebt in Frankfurt am Main und in Berlin. Goebbels gehört zu den wichtigsten Vertretern der zeitgenössischen Musik- und Theaterszene. Seine Kompositionen für Ensembles und große Orchester werden derzeit weltweit aufgeführt, ebenso wie seine Musiktheater und szenischen Konzerte.
Zudem schuf Goebbels eine Vielzahl von Klang- und Videoinstallationen, wie etwa für die Documenta, das Centre Pompidou Paris und das Museo Reina Sofia Madrid.

Seine multimedialen Konzepte sprengen sowohl den tradierten Rahmen der Konzertmusik als auch den des herkömmlichen Theaters. Er setzt Raum und Licht, Wort und Bewegung ebenso virtuos ein wie Instrumente und Stimmen, erfundenes oder gefundenes Material, um damit seine musiktheatralischen Konzepte zu realisieren und erweitert den Kompositionsbegriff über das Klangliche hinaus.

Zu seinem Werk zählen auch Hörstücke nach Texten von Heiner Müller, Kompositionen für Ensemble und Orchester wie „Surrogate Cities“ (1994) oder „A House Of Call” (2020) und Musiktheaterstücke wie „Schwarz auf Weiss” (1996), „Eraritjaritjaka” (2004) oder „Stifters Dinge” (2007).

Werke wie „Schwarz auf Weiss” und „Eislermaterial“ sind Teil des Repertoire des Ensemble Modern.

Im ehemaligen Eisenwerk der Völklinger Hütte präsentierte Goebbels jüngst sein neues Werk „Orakelmaschine“, ein ortsbezogenes Projekt aus Licht, Musik und Stimmen.

Bekannt wurde Heiner Goebbels ab den 1970er Jahren unter anderem durch seine Arbeiten im Duo mit Alfred Harth und später mit der experimentellen Rockgruppe Cassiber. Zurzeit arbeitet er in der elektroakustischen Formation The Mayfield.

Goebbels hat auch theoretische Texte verfasst, die in der Anthologie „Komposition als Inszenierung“ (2002) und in seinem Buch „Ästhetik der Abwesenheit – Texte zum Theater“ (2012) veröffentlicht wurden.

Heiner Goebbels war von 1999 bis 2018 Professor am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft und ist seit 2018 Georg Büchner-Professor an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Von 2006 bis 2018 leitete er die Hessische Theaterakademie als Präsident, an deren Gründung er maßgeblich mitwirkte und die sich der Förderung des künstlerischen Nachwuchses und u.a. der Kunst als soziale Praxis verpflichtet.

Von 2012 bis 2014 hatte er die künstlerische Leitung als Intendant der Ruhrtriennale inne.

Heiner Goebbels ist Mitglied der Akademie der Künste sowie weiterer Akademien der Wissenschaften und Künsten.

Für sein künstlerisches Werk erhielt Goebbels zahlreiche Auszeichnungen wie etwa den Prix Italia, European Theatre Price, International Ibsen Award.

Alle Termine mit Heiner Goebbels

Fr 4. Juli
21:30

Heiner Goebbels: Klavier
Camille Emaille: Schlagzeug
Gianni Gebbia: Saxofon
Cecile Lartigeau: Ondes Martinot
Nicolas Perrin: Gitarre, Electronics
Willi Bopp: Sounddesign

„Mayfield ist der Name eines alten Bahnhofs-Depots in Manchester, in dem wir diese Performance geprobt und aufgeführt haben. Inzwischen ein hipper Hotspot für die City war das 2018 noch eine kalte, nasse und nicht nur durch Tauben total verdreckte Halle mit langem Nachhall – was alles großen Einfluss auf die Ästhetik der Musik hatte, die dort entstanden ist. Bis auf den sizilianischen Saxophonisten Gianni Gebbia, den ich seit den 90ern kenne und Willi Bopp, mit dem ich als Sounddesigner seit 1989 zusammenarbeite, habe ich die Musiker und Musikerinnen von The Mayfield für diese Performance erst gesucht und gefunden: Camille Emaille, eine phantastische, unglaublich differenziert improvisierende Schlagzeugerin und Perkussionistin; trotz oder gerade wegen ihrer klassischen Ausbildung, von der sie sich entfernt hat.

Cecile Lartigau spielt eines der ersten elektronischen Instrumente überhaupt, das Ondes Martenot, für das zum Beispiel Olivier Messiaen komponiert hat. In den großen Konzerthallen der Welt gilt sie für diese Musik als eine der wenigen virtuosen Solistinnen. Als Improvisatorin holt sie Klänge aus dem Instrument, die man so noch nicht gehört hat.

Nicolas Perrin ist nicht nur Gitarrist, sondern auch Instrumentenbauer und hat auf der von ihm entwickelten E-Gitarre einen derart körperlichen Zugriff auf die Samples und Fieldrecordings, dass mir dagegen mein eigenes Sampling in den 80er Jahren sehr armselig vorkommt.

Alle zusammen arbeiten wir an einer „elektroakustischen Musik“, in der die Veränderung der Klänge und der klassischen Zuschreibungen von Instrumenten eine große Rolle spielt. Gianni Gebbia hat zum Beispiel schon vor über dreißig Jahren das circular breathing – die permanente Atmung auf dem Saxophon virtuos entwickelt. Es geht uns sowohl um die Musikalisierung von Geräuschen wie auch umgekehrt darum, die technologischen Entwicklungen nicht in ein bestehendes musikalisches Konzept zu integrieren, sondern sie als Herausforderung für eine neue gemeinsame Ästhetik anzunehmen: Sich überraschen zu lassen.”

Auszug aus den Monheim Papers 2025, Thomas Venker.