Sieben Fragen an Intendant Reiner Michalke
Wie kam es zu der Monheim Triennale?
Nachdem ich meine Zusammenarbeit mit der Stadt Moers in 2016 beendet hatte, kam Daniel Zimmermann mit der Frage auf mich zu, ob ich Lust hätte, für Monheim ein neues Musikfestival zu entwickeln.
Wir waren uns schnell einig, dass es keinen Bedarf für ein weiteres Jazz-Festival gab, sondern für ein Musik-Festival des 21. Jahrhunderts, welches alle aktuellen Strömungen auf Augenhöhe in einem gemeinsamen Kontext zeigt. Auch waren wir uns schnell einig, dass es nicht darum geht, große Namen nach Monheim zu holen, sondern eher große Kunst zu zeigen. Was sich aber auch nicht ausschließt.
Die Monheim Triennale ist anders als andere Musikfestivals? Wie kam es dazu?
Genau genommen war es die Corona-Pandemie, die den ursprünglichen Plan, nur alle drei Jahre ein Festival zu machen, verändert hat. Aufgrund der massiven Reiseeinschränkungen in der Pandemie, haben wir mit The Prequel eine Workshop-Format entwickelt, zu der wir nur die 16 Signature Artists ohne ihre Projekte eingeladen haben. Das hat allen so viel Spaß gemacht, dass wir uns entschlossen haben, dies auch nach der Pandemie fortzusetzen.
Und für das dritte Jahr bot es sich an, das sehr interessante Thema ‚Klang im öffentlichen Raum‘ hochwertig zu bearbeiten. So entstand der Dreiklang aus The Sound, unserem Klangkunstfestival als erstem Ereignis, der Workshop-Edition The Prequel als zweitem und dem eigentlichen Festival als Abschluss und Höhepunkt einer jeweiligen Triennale.
Was macht Monheim am Rhein aus, dass es so geeignet ist für das Musikfestival?
Es sind interessanterweise eher die kleineren Orte, in denen wichtige Musikfestivals entstanden sind. Denken Sie z.B. an Bayreuth, Donaueschingen oder Moers. In einer kleineren Stadt ist es einfacher, die Konzentration zu erhöhen. Allein schon deshalb, weil das kulturelle Angebot nicht so groß ist wie in einer Großstadt. Das macht es auch einfacher, Publikum anzusprechen, das sich sonst eher weniger für avancierte Kultur-Angebote interessiert.
In Monheim kommt dazu, dass hier das Thema Kultur auch weit über das Festival hinaus eine große Aufmerksamkeit erfährt. Ganz besonders die Themen Literatur und Kunst im öffentlichen Raum fordern die Monheimer Stadtgesellschaft immer wieder heraus, sich aktiv mit Kunst und Kultur auseinanderzusetzen.
Woher kam die Idee, Künstler:innen von dem Ort inspirierte Werke schaffen zu lassen?
Künstler:innen einzuladen, ortspezifisch zu arbeiten, haben wir bei der bildenden Kunst abgeguckt. Sehr inspiriert hat mich z.B. die „Manifesta“, die Kasper König 2014 in Petersburg geleitet hat. Hier wurden sowohl bereits existierende Arbeiten in einem neuen Kontext gezeigt, als auch ortsspezifische Arbeiten entwickelt, denen mehrwöchige Residenzen vorausgegangen sind.
Im Musikbereich betreten wir damit als Festival Neuland. Genau genommen haben wir bei The Prequel 16 Residenzen mit Künstler:innen, die wir ein Jahr später zu The Festival mit Auftragswerken einladen.
Wie groß ist der Einfluss der Stadt auf die Werke?
Hier muss ich unterscheiden zwischen unserem Klangkunstfestival The Sound und unseren beiden performativen Formaten The Prequel und The Festival: Bei The Sound ist es von allergrößter Bedeutung, dass die Künstler:innen sich unmittelbar vor Ort mit der Stadt als Klangraum beschäftigen. Dies setzt in der Regel mehrfache, unterschiedlich lange Besuche voraus.
Für das eigentliche Festival, bei dem die von uns eingeladenen Künstler:innen ihre „Signature Projekte“ präsentieren, ist The Prequel der Einstieg in Monheim. Was natürlich nicht ausschließt, dass viele auch schon vorher in der Stadt waren. Wie z.B. Heiner Goebbels, der aktuell oft in Monheim ist, da wir ihn gebeten haben, für die Eröffnung des Festivals in 2025 eine Open-Air-Inszenierung vorzubereiten.
Wie wichtig ist die Beteiligung der Monheimer:innen an dem Festival?
Die Einbeziehung der Monheimer:innen und hier besonders der Kinder und Jugendlichen war von Beginn an wichtiger Bestandteil aller konzeptionellen Überlegungen. Aus diesem Grund haben wir den Musiker und Pädagogen Achim Tang gebeten, seinen Wohnsitz nach Monheim zu verlegen und als Artist in Residence die Inhalte des Festivals auf alle möglichen Arten Stadtgesellschaft hineinzutragen. Aktuell erarbeitet Achim Tang gemeinsam mit u.a. Julia Úlehla, Anushka Chkheidze und Peter Evans verschiedene Projekte mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in Monheim, die alle im Umfeld von The Prequel öffentlich aufgeführt werden.
Wo möchte die Monheim Triennale hin?
Unser Ziel ist es, die Triennale sowohl international, als auch regional und vor Ort stetig weiter zu entwickeln. Denn nur wenn das Festival Wurzeln in der Stadt schlägt, hat es die Chance, sich zu einem allseits beachteten Ort ambitionierten Musikschaffens zu etablieren und eine ähnliche Karriere wie die eben genannten Städte Bayreuth, Donaueschingen und Moers zu machen.
Auszüge aus Interview mit The Dorf, Veröffentlichung Mai 2024